
Wer „Duesenberg“ sagt meint eigentlich „Modell J“. Das stärkste, eleganteste, extravaganteste, genialste Auto seiner Zeit. Nicht nur in den USA, wahrscheinlich überhaupt. Die Anfänge liegen im Renn sport.
Der eigentliche Name lautet Düsenberg. Alfred „Fred“ Düsenberg und August „Augie“ Düsenberg. Zwei von sechs Kindern des Konrad Heinrich Ludwig Düsenberg und der Konradine Düsenberg. Geboren 1876 resp. 1879 in Matorf-Kirchheide NRW (heute ein Stadtteil von Lemgo). Nach dem Tod des Vaters 1881 wanderte die Familie 1885 nach Rockford IO aus.
Sowohl Fred wie Augie gründeten eine eigene Firma zur Herstellung von Fahrrädern. Von jener von Fred weiss man, dass sie 1897 in Des Moines (Iowa) eingetragen wurde. Er fuhr selber Fahrrad-Rennen und stellte zwei Weltrekorde auf. Den ersten eigenen Motor konstruierten die Brüder um 1900; ein Einzylinder-Zweitakter mit Drehventil zum Antrieb eines Fahrrads. Es blieb beim Prototypen. 1903 musste Fred Insolvenz anmelden.

1901 Rambler Prototype Model B (mit einem Lenkrad das leider nicht für die Serie übernommen wurde) während einer Erprobungsfahrt mit Anhänger in Kenosha WI. Am Steuer: Fred Duesenberg. (Wisconsin Historical Society)
Noch im gleichen Jahr konstruierte er seinen ersten Rennwagen und arbeitete danach kurze Zeit für die Thomas B. Jeffery Company in Kenosha WI, Herstellerin des Rambler und zweitgrösste Automobilbauerin der USA nach Oldsmobile und Vorläuferin des Nash.
Nach einer kurzen Zeit als Angestellter einer mechanischen Werkstätte machte sich Fred erneut selbständig und gründete an der Grand Avenue 915 in Des Moines eine Reparaturwerkstätte für Automobile. 1905 konstruierten die Brüder hier einen Zweizylindermotor den sie in ihrem ersten eigenen Auto, den Marvel, einsetzen wollten. Dessen Ventilsteuerung über lange, vertikal angebrachte Kipphebel die auf horizontale Ventile einwirkten ("Walking Beam") ist Grundlage eines frühen Patents von Fred Duesenberg.

Edward R. Mason (Iowa State Historical Society)
Marvel, Mason und Maytag (1905-14)
Weil sich mit dem Anwalt Edward R. Mason ein Investor fand der die benötigten Mittel einschoss ging das Auto nicht als Marvel sondern als Mason in Produktion. Dazu wurde Anfang 1906 die Mason Motor Car Company gegründet; Fred war von 1906 bis 1909 Chefingenieur und sass bis 1913 im Vorstand.

Der erste Mason, 24 HP Zweizylinder. Er wurde als 5-passenger Touring ($1350) oder, wie hier, als 2-passenger Runabout ($1285) angeboten. (Iowa State Historical Society)

Ein Mason 24 HP Touring erklimmt zu Werbezwecken das Iowa State Capitol in Des Moines (1908) (Iowa State Historical Society)
Die Firma geriet schnell in Schwierigkeiten und wurde als Maytag-Mason Motor Car Company mit Kapital des Waschmaschinenherstellers F. L. Maytag und Sohn Elmer in Waterloo (Iowa) reorganisiert.

Von Maytag gebauter Mason 24 HP 2/4 passenger Tourabout mit etwas längerem (96 statt 80 Zoll) Radstand ($1300) (maytagshed.com)
Die Autos wurden als Mason und Maytag angeboten. Dank dem Duesenberg-Motor mit 24 HP konnte mit einiger Berechtigung mit dem "schnellsten und stärksten Zweizylinder in Amerika" geworben werden. Das Auto war sehr erfolgreich im Rennsport. Nach einer erneuten Reorganisation 1912 und dem alten Namen Mason erschien auch ein Vierzylinder mit 30 HP und 1914 der Mason-Mohler mit 65 PS Duesenberg-Motor. Die Maytag-Mason Motor Car Company ging im gleichen Jahr in Konkurs.
Die Duesenbergs bestritten weiterhin Rennen mit Mason-Rennwagen. 1913 wurde Eddie Rickenbacker als Fahrer angeworben. Kurz darauf gründeten die Brüder die Duesenberg Motor Company (DMC) in Saint Paul MN.
Für ein Rennboot des Commodore James Pugh bauten die Duesenbergs zwei Reihen-Zwölfzylindermotoren mit je 800 bhp (ca. 600 kW) Leistung. Das Boot brach mit 60 MPH (96,56 km/h) prompt den damaligen Geschwindigkeits-Weltrekord.

Mason 24 HP mit Fahrer Eddie Rickenbacker und Mechaniker Eddie O'Donnell, ca. 1913. Dieses Foto war vor langer Zeit mal ein Rätsel im Mystery Car Fred. (Wikipedia)
DMC baute den Zweizylindermotor weiter und entwickelte einen neuen Vierzylinder-Rennwagenmotor nach dem "Walking Beam" Prinzip. Untypisch für Motoren aus dieser Zeit war der aus einem Stück gegossene Motorblock ("Monobloc"); normalerweise wurden die Zylinder zu dieser Zeit noch paarweise gegossen. Das fassförmige Kurbelwellengehäuse bestand aus Aluminiumguss. Die Kurbelwelle trieb über Ketten zwei Nockenwellen an und diese besonders lange Kipphebel für vier Einlassventile auf der einen Motorseite und vier Auslassventile auf der anderen (T-Kopf-Prinzip). Es gab einen einfachen Miller-Vergaser. Dieser Motor wurde in mehreren Varianten gebaut. Als 300 c.i. (4918 ccm) leistete er 65 HP.




1915 Duesenberg; 2. an den Indy 500 von 1916 (1-3: DigitalGrin; 4: Syd Sweedon)
Mit einer 361 c.i. (5916 ccm) und Fahrern wie Ralph Mulford und Eddie Rickenbacker war DMC im Mittleren Westen sehr erfolgreich (10. Platz am Indy 500 von 1914 für Rickenbacker und mit Eddie O'Donnell an der Westküste. Die Duesenbergs verkauften ihre Rennmotoren aber auch an andere Firmen und Rennställe.
Duesenberg Motors Corporation, Elizabeth NJ (1916-1918)
Diese Erfolge führten zu einer Kooperation mit der Loew-Victor Company in Chicago (Illinois) welche Regierungsaufträge zum Bau von Flugzeug- und Bootsmotoren hatte. 1916 investierte Loew-Victor 1.5 Mio. $ in die neue DMC und erstellte eine Fabrik in Elizabeth NJ. Hier sollte auch eine überarbeitete Version des gigantischen Flugzeugmotors Bugatti U16 gebaut werden. Von diesem Brady-Bugatti U16 mit einem Hubraum von über 24 Litern und einer Leistung von 420 HP bei einem Gewicht von 550 kg entstanden aber nur 40 Stück.

Brady-Bugatti U16 von Duesenberg im A-C-D Museum, Auburn IN (Wikipedia)
Die Duesenbergs hatten von ihren Rennmotoren ein eigenes Flugzeugtriebwerk abgeleitet, ein 16V "Walking Beam"-Vierzylinder und Dreifach-Kolbenringen Patent Duesenberg. Der Motor leistete 125 HP bei 2100 U/min. Die US-Regierung beauftragte Fred Duesenberg ferner mit der Entwicklung des bis dato grössten und stärksten Flugzeugmotors. Er arbeitete 1918 fast ausschliesslich für dieses Projekt. Schliesslich entstanden vier Prototypen eines wahrhaft gigantischen V16 mit nicht weniger als 55,6 Litern (3393 c.i.) Hubraum! Die Ventilsteuerung erfolgte über Kipphebel die zwischen den Zylinderbänken angeordnet waren. Es gab ein Einlassventil pro Zylinder das über zwei Auslassventilen angebracht wurde sodass das einströmende Benzingemisch die Auslassventile kühlte während diese umgekehrt das Gemisch erhitzten um eine bessere Verbrennung zu erreichen. Das Kriegsende stoppte die weiteren Arbeiten an diesem Motor. Duesenberg-Motoren wurden an die britische, französische, italienische, zarististisch-russische und die US-Armee geliefert.
1919 heiratete Fred Duesenberg Isle Denny aus Runnells (Iowa). Aus der Ehe ging ein Sohn hervor.

Duesenberg V16 Aero engine model H im A-C-D Museum, Auburn IN (airpigz)
Die Rennsportaktivitäten der Duesenbergs wurde durch den Krieg zwar eingeschränkt aber nicht unterbrochen. Es hatte sich eine Aufgabenteilung herausgebildet: Fred fungierte als Chefingenieur, August als Teamchef des angegliederten Rennstalls. Man hoffte, mit Erfolgen auf der Rennpiste Automobilhersteller zu gewinnen um Strassenversionen dieser Triebwerke in ihre Serienwagen einzubauen. Daran hielt Duesenberg bis mindestens 1919 fest. Aber auch trotz dem mittlerweile untadeligem Ruf als einem der führenden Motorenbauer und mit einem zweiten Platz an den 500 Meilen von Indianapolis 1916 wollte sich der Verkaufserfolg nicht richtig einstellen.
Bei Kriegsende beschäftigte Duesenberg 1200 Mitarbeiter, stand aber mehr oder weniger ohne Produkt mit Marktchancen da. Der Verkauf der Firma wurde beschlossen. Willys-Overland, eigentlich nur am Werk in Elizabeth interessiert, erwarb das Unternehmen ohne den Duesenberg-Rennmotor und ohne den Rennstall.

1920 ReVere Model A 5-passenger Touring mit Rochester-Duesenberg "Walking Beam" Vierzylindermotor, 100 HP, $3850 (Ar-Chief)
Rochester-Duesenberg
Am Vierzylindermotor waren aber auch weder Loew-Victor noch die Duesenbergs interessiert. Die Rechte gingen schliesslich an die Rochester Motors Company, Inc. und wurden bis weit in die 1920er Jahre verkauft und von kleineren und exklusiven Automobilhersteller verwendet:
* Argonne Motor Car Co., Jersey City NJ; 1919-20
* Biddle Motor Car Co., Philadelphia PA; 1915-22
* Kenworthy Motors Corp., Mishawaka IN; 1920-21
* Meteor Meteor Motors, Inc., Philadelphia PA; 1919–22
* ReVere Motor Car Corp., Logansport IN; 1918-26
* Richelieu Motor Car Co., Asbury Park NJ; 1921-22
* Roamer Motor Car Co., Kalamazoo MI, Streator IL und Toronto (Cda); 1916-29
Duesenberg wieder selbständig in Newark NJ (1918-1920)
Die Brüder Duesenberg zogen in eine kleine Fabrik in Newark NJ um und beschäftigten sich mit den Vorbereitungen für die Produktion ihres ersten Personenwagens der im November 1920 vorgestellt wurde.

Duesenberg Model A Touring Prototyp vor der Lackierung; der erste Duesenberg-PKW überhaupt. Fred Duesenberg neben dem Auto (1920) (theoldmotor.com)

Der zweite Prototyp: Duesenberg Model A Roadster (1920) (theoldmotor.com)
Währenddessen bestritten Fahrer wie Tommy Milton jedoch Rennen mit den bekannten Vierzylindern mit 4,9 Liter (300 c.i.) Hubraum. Milton gewann im Mai 1919 die Victory sweepstakes über 100 Runden auf dem Uniontown Speedway (PA) mit einem Schnitt von 154.85 km/h (96.22 MPH). Anfang September 1919 verletzte er sich hie schwer als sein Auto, in Führung liegend, Feuer fing. Im Juni 1920 gewann er die 200 Runden von Uniontown doch noch. Und im September gleich noch einmal.
Duesenberg 297 und 183 (1919-1922)
In Newark arbeitete Fred Duesenberg weiter an einem Ende 1918 begonnenen Rennwagenmotor. Fred war davon überzeugt, dass die Zukunft dem Reihen-Achtylindermotor gehörte. Der neue Motor bestand aus zwei Vierzylinder-Blöcken. Wiederum gab es je ein Einlass- und zwei Auslassventile mit einer oben liegenden Nockenwelle. Der Hubraum betrug 297 c.i. (4867 ccm) und entsprach damit der geltenden 300 c.i. Limite.

Rennmotor: Duesenberg "Walking Beam" 8 Zylinder-Reihenmotor (Ar-Chief)
Dieser Artikel beruht auf Recherchen für einen kommenden Artikel in der deutschen Wikipedia.